Wo der Name unserer altehrwürdigen Schule herkommt, weiß eigentlich jeder, welche Namen das „Scholl” jedoch früher trug, ist den meisten unbekannt. Hier können Sie sich eine kleine Übersicht verschaffen:
Institut für Töchter
Höheres Töchterinstitut
Weitzel’sche Privattöchterschule
Städtische Höhere Töchterschule
Städtische Mädchenrealschule
Mädchenoberrealschule
Oberrealschule für Mädchen
Mädchenoberschule
Mädchengymnasium
Hans und Sophie Scholl-Gymnasium
Wer tiefer in die Materie eindringen möchte, kann dies mit folgendem Bericht tun:
Von den Anfängen bis heute – ein geschichtlicher Blick in die Vergangenheit des Scholls
Angefangen hat es schon 1795, als eine Mädchenschule für höhere Töchter gegründet wurde. Diese Schule war natürlich eine Privatschule, in die wirklich nur Mädchen konnten, deren Eltern bereit waren, das enorme Schulgeld zu bezahlen. In der Schule wurde nur wenig Wissen gelehrt, viel wichtiger schienen Sachen wie z.B. schön und richtig Schreiben und Lesen, Religion (als Hauptfach), und eher nebensächlich waren Geschichte, Geographie, Naturgeschichte und Rechnen. Das Strickzeug musste immer mitgebracht werden, damit sich die Mädchen besser auf das Vorlesen der anderen konzentrieren konnten. Doch die Eltern hielten es wohl nicht für nötig, ihre Töchter auf so eine Schule zu schicken, und die Schule löste sich bald auf.
Da 1812 etwa 160 Schüler und Schülerinnen in einer einzigen Klasse der Volksschulen waren, wurde 1815 eine weitere Schule für reiche Mädchen gegründet, die allerdings schnell auf das Niveau einer Volksschule sank. Bald ging diese Schule dann in die offizielle „städtische Mädchenmittelschule“ über, die eine Vorläuferin der Elly-Heuß-Realschule war.
1819 wurde die Neuffer’sche Schule gegründet, eine der ersten weiterführenden Mädchenschulen in Baden-Württemberg, jedoch nur für protestantische Mädchen. Hier wurden auch Physik, Geographie und Geschichte gelehrt, um die Mädchen vor Aberglauben zu schützen. Sie lief eine Zeit lang parallel zu der 1834 eröffneten Privattöchterschule (der direkte Vorfahre unserer Schule) und war auch deren Konkurrenz. Die Schulen waren ja von den Schulgeldern abhängig und brauchten so möglichst viele Schülerinnen bzw. deren wohlhabende Eltern. Aber auch sie löste sich 1839 nach dem Tod des Gründers auf. Die vorher erwähnte Privattöchterschule wurde von den Eltern organisiert und hatte einen Vorstand namens Gottlob Heinrich Friedrich Scholl. Scholl war Diakon, hatte als Pädagoge einige Bücher herausgebracht und wollte gerne Pfarrer werden, was ihm aber verwehrt blieb. An dieser Schule wurden zunächst keine naturwissenschaftlichen Fächer unterrichtet, stattdessen verstärkt Handarbeit. Sie war sowohl elementar als auch weiterführend und überwiegend protestantisch (ab 1836 nur noch). Das Schulgeld wurde auch gesenkt, um mehr Schülerinnen zu bekommen, doch so konnte die Schule kaum noch finanziert werden, und die Klassen wurden größer ( ca. 90 Schülerinnen pro Klasse ), und die Größe der Klassen war ja gerade das Argument für die Gründung der Schule gewesen. Scholl kämpfte lange für den Erhalt der Schule, doch schließlich nahm er eine sichere Stelle als Dekan an. Die Schule stand mittlerweile auch unter öffentlicher Prüfung und war ebenfalls für Nichtbürger geöffnet. Doch sie hatte kein Schulgebäude, so musste in Gaststätten unterrichtet werden.
1870 riskierte Dr. Carl Weitzel die Schule weiter zu führen, trotz der schlechten Voraussetzungen (es gab keine Lehrer, zu wenig Schülerinnen, keinen Ort und viel Konkurrenz). Doch Weitzels Engagement lohnte sich: Gab es 1870 nur 4 Klassen, 7 Lehrer und 93 Schülerinnen, so waren es 1879 schon 16 Klassen, 9 Lehrer, 4 Lehrerinnen und 233 Schülerinnen.. Und sie bekamen 1871 einen Platz zum Unterrichten und waren ab 1875 in der Frauenstraße im Sammlunghaus zusammen mit anderen Schulen untergebracht, wo sie bis 1944 blieben.
1873 wurde ein neues Prinzip eingeführt, das unserer heutigen Gesamtschule ähnelt. Auch führten sie 3 Elementarklassen ein, so dass die Schüler gar nicht mehr zu einer Volksschule gehen mussten, und 2 Oberstufen.
1878 wurde sie eine städtische Schule und stand unter staatlicher (allerdings sehr lockeren) Aufsicht. Das Schulgeld war verglichen mit ähnlichen Schulen das niedrigste von Baden-Württemberg, doch immer noch 404 RM teurer als bei Jungen. Das Gehalt der Lehrer wurde nach Dienstzeit und Tüchtigkeit festgelegt, war aber in jedem Fall sehr niedrig, so dass sie häufig Nebenberufe annehmen mussten. Obwohl die „höhere Städtische Mädchenschule“ schon 1882 sehr hohes Ansehen genoss, machte sie ein immer größer werdendes Defizit. Das Argument für die Schulbildung der Mädchen war damals, dass ungebildete Frauen nicht die Kinder erziehen sollten. Außerdem sah Weitzel die Aufgabe der Schule darin, „Verstand und Gemüt zu einer Harmonie zu bilden, deren Grundton durch das Gemüt bestimmt, deren Reinheit durch den Verstand gesichert ist“, er war also nicht für die Gleichberechtigung. Nach Kaiser Wilhelm II. gehörten Frauen ins Haus (sonst könnten sie die Ordnung durcheinander bringen), und Mädchengymnasien und Realschulen galten als schädlich.
1904 (bis1921) wurde Dr. Karl Magirus, der erste wirklich gelernte Schulmann, Schulleiter. Der Staat kümmerte sich immer mehr um die Schulen und übernahm die Kontrolle, auch wurden die Mädchenschulen den Knabenschulen gleichgesetzt und bekamen einen Stundenplan vorgeschrieben, der Realschulcharakter hatte. Die Schule wuchs so schnell, dass etwa 40 Schülerinnen in einer Klasse waren und zu wenig Platz im Sammlunghaus war.
So wurde 1904 das Wagnerschulgebäude auf dem zugeschütteten Wallgraben des Festgeländes beschlossen, doch vorerst zogen die Volks- und die Mittelschulen um. Die Mädchen konnten nun auch mittlere Reife machen und dann in Baden-Württemberg ab 1909 (in Preußen schon ab 1896) an Jungenschulen weitermachen. Doch von Gleichberechtigung kann man nicht reden: Mädchen mussten höheres Schulgeld bezahlen, sie mussten eine Aufnahmeprüfung machen und hatten eine 1 1/2Jahre längere Schulzeit bis zum Abitur, aber ihre Studierfähigkeit wurde anerkannt.
1914 wurde ein System eingeführt, das unserem heutigen Gymnasium-Realschul-Prinzip sehr ähnelte, allerdings gab es beides an einer Schule. Während des 1. Weltkrieges wurde die Schule vernachlässigt; die Schülerinnen mussten Laub für die Pferde an der Front, Altmetall und Zeitungspapier sammeln. Im Winter konnte die Schule nicht geheizt werden, und so mussten sich die Schülerinnen ihre Aufgaben abholen und zu Hause machen.
Als die Weimarer Republik anfing, musste sich auch das Schulwesen ändern. So wurde das Schulgeld gesenkt, und die Stadt unterstützte sie finanziell. Auch gab es nun eine 4-klassige Grundschule, nach der eine Aufnahmeprüfung gemacht werden musste, um eine weiterführende Schule zu besuchen. Eine Frauenschulklasse wurde ebenfalls eingeführt, in der Frauen in Nähen, Hausarbeit, theoretische Säuglingspflege, Nahrungsmittellehre, Gesundheitslehre und Kochen (in der Wagnerschule) unterrichtet wurden.
1930 wurde die „Mädchenrealschule“ zu einer „Mädchenoberrealschule“, was einer fortschrittlichen Bürgerschaft zu verdanken war. Die Koedukation wurde aber wieder abgeschafft. Als 1933 die Nationalsozialisten, welche die Frauen im Haus haben wollten, an die Macht kamen, sollte die wissenschaftliche Oberstufe verschwinden, doch Dr. Reinhold Frick gelang es mit einigen Tricks, die Oberstufe zu retten. Dem Schulleiter wurden falsche Sachen (z.B. Mädchen ohne Sonderbegabung zur Bildungslaufbahn zu raten) vorgeworfen, um ihn loszuwerden, was 1937 als Pensionierung auch gelang. Als Nachfolger kam Dr. Hermann Bayer, der eher die nationalsozialistischen Ziele verfolgte. Eine 3-jährige Frauenschule wurde neben dem wissenschaftlichen Zug eingerichtet, und die mittlere Reife wurde ein Jahr früher vergeben. Sophie Scholl besuchte die Schule von 1932 – 1940.
Nach dem 2. Weltkrieg 1944 fand 10 Monate lang gar keine Schule statt. Dann sollte es weitergehen, und zwar in der Wagnerschule, die während des Krieges Lazarett war und nur zur Hälfte zerstört war. Doch die Fenster waren zerbrochen, die Türen verheizt oder gestohlen, der Nordflügel stark beschädigt, so musste erst mal wieder in Gaststätten unterrichtet werden, ohne Tafel, Bücher, Hefte, Stifte. Ab 1949 zogen dann alle Schulen in das Wagnerschulgebäude. Elisabeth Walser war Leiterin und sehr aktiv beim Aufbau der Schule, sie starb während ihrer Arbeit. 1951 wurde Clemens Traub ihr Nachfolger. Die Schule wurde nun „Mädchengymnasium Ulm“ genannt und war so groß, dass sie noch 8 Klassenräume in der Frauenstraße (wo heute das Humboldt ist) bekam. 1967 (Rudolf Böttcher war seit 1965 der Schulleiter) zogen die Volks- und die Mittelschule aus.
1972 wurde unter dem Schulleiter Dr. Rudolf Amann (1965 – 1985 ) die Koedukation eingeführt und damit war der Name „Mädchengymnasium“ nicht mehr zutreffend. Die jüdische Physikerin Lisa Meitner sollte den Eltern und dem Kollegium nach der Namensgeber sein, die Schülerinnen wollten Geschwister Scholl als Namen. Doch die Entscheidung übernahm der Oberbürgermeister, und was er wählte, ist offensichtlich.
Den Jahrtausendwechsel erlebte die Schule unter der Leitung von Dr. Hans Schäfer, der die Schule bis 2006 leitete. Anschließend wurden die Weichen des Hans und Sophie Scholl-Gymnasium, unter der Leitung von Brigitte Böhm, mit dem Bau der unterirdischen Schollhalle und dem Bau des Erweiterungsbaus auf Zukunft gestellt. Zu Beginn des Schuljahres 2015/2016 übergab sie die Leitung an Karin Höflinger-Schwarz.
Basisversion von Julia Marre